DVD-Kurzkritik: Winnetou-Boxen 1-3

“Pass ma uff, jez mach ma Karl May…” soll der Berliner Filmproduzent Horst Wendlandt gesagt haben, als ihn sein elfjähriger Sohn fragte, ob er immer nur Edgar Wallace verfilmen wollte. 1962 wurde Der Schatz im Silbersee, der erste Winnetou-Film nach den Abenteuer-Romanen von Karl May gedreht und entwickelte sich zu einem riesigen Erfolg, auf den zehn weitere Filme folgten. Schon vor fünf Jahren hatte Kinowelt vier der Filme als DVD veröffentlicht, aber dann nicht weitergemacht. Nun sind die Rechte wieder bei Rialto Film in der Hand der Wendlandt-Familie, die sich um eine ordentliche DVD-Veröffentlichung von neun der elf Winnetou-Filme gekümmert haben. Diese gibt es seit diesem Frühjahr in drei opulent ausgestatteten DVD-Boxen, die ich mir in dieser Kurzreview zusammen angeschaut habe.

Bild

Es ist unmöglich die Bildqualität aller neun Filme über einen Kamm zu scheren, aber ich will versuchen hier wenigstens einen Überblick über die neuen Abtastungen zu geben. Diese sind in Anbetracht des Alters der Filmvorlagen wirklich hervorragend gelungen und besonders bei den schon zuvor von Kinowelt veröffentlichten Filmen eine riesige Verbesserung.

In den folgenden Transfervergleichen wird der Unterschied sehr gut deutlich:

Der Schatz im Silbersee
Winnetou I
Winnetou II
Winnetou III

Abgetastet wurden die Filme diesmal von den besten Interpositiven aus den Archiven von Rialto und nicht wie bei den Kinowelt-DVDs aus verschiedenen abgenutzten Kinokopien. Die Filmvorlagen wurden aufwendig digital gesäubert, so daß man keine großen Beschädigungen, Fussel oder Kratzer mehr sieht. Nur selten kann man kleinere Imperfektionen wie kurz auftauchende Laufstreifen oder ein paar vereinzelte Staubkörnchen beobachten, wofür man allerdings eine große Lupe benötigt.

Die Körnigkeit des Filmmaterials wurde zwar mit einem Filter bearbeitet, aber es ist oft noch eine ganz gesunde Dosis davon sichtbar, die den Eindruck einer richtigen Filmprojektion und keiner digitalen Matscherei gibt. Mit dem Rauschfilter wurde sehr vorsichtig umgegangen, so daß keine unangenehmen Nachzieheffekte oder anderes auftauchen.

Die Schärfe ist je nach Film gut bis hervorragend, bleibt aber in jedem Film auf einem konstanten Niveau. Bei einigen Filmen wurde deutlich sichtbar digital nachgeschärft, was stellenweise zu den berühmt-berüchtigten Edge-Enhancement-Doppelkanten geführt hat, aber ansonsten dem Bild ein sehr knackiges Aussehen gibt, ohne dabei zu künstlich zu wirken. Besonders die vielen Landschaftsaufnahmen sehen dadurch sehr plastisch und fast dreidimensional aus, und oft zeigen sich Details im Bild, die noch nie zuvor zu sehen waren.

Das quietschbunte Farbtiming der vier alten Kinowelt-DVDs wurde in Rente geschickt und durch die korrekte, etwas gedämpftere Eastman-Color-Farbpalette ersetzt. Viele mögen jetzt nach den knackigen, kräftigen Farben schreien, aber so haben diese Filme auch früher im Kino nicht ausgesehen – die neuen DVDs zeigen dagegen das richtige Farbtiming, das zwar weniger Wert auf kräftige Rot- und Blautöne legt, aber dafür die Hauttöne genau richtig zeigt und die Landschaftsaufnahmen viel natürlicher aussehen läßt.

Letztlich ist das besonders ruhige Bild sehr bemerkenswert – der Bildstand ist erstaunlich stabil und leistet sich keinerlei Ruckeln, Wackeln oder Zittern, was bestimmt nur einer aufwendigen digitalen Korrektur zu verdanken ist. So ganz verbergen könnne diese Transfer das Alter der Filme nicht, aber es wurde doch alles mögliche getan um sie wirklich gut aussehen zu lassen, ohne dabei ein vernünftiges filmähnliches Aussehen zu opfern.

Ton

Auch bei den Tonspuren wurde einiger Aufwand betrieben um die bestmöglichste Qualität zu erreichen – und nicht nur das: außer den restaurierten deutschen Mono-Tonspuren und den 5.1-Abmischungen sind sechs der neun Filme sogar mit englischem Ton ausgestattet.

Die deutschen Tonspuren wurden nicht von zweitklassigen Lichtton-Kopien überspielt, sondern von den Magnetton-Perfo-Bändern, deren Klang vorsichtig optimiert wurde. Die original Mono-Abmischungen hören sich bemerkenswert gut an – Dialoge sind bestens verständlich und sogar die Musik klingt erstaunlich kräftig und gar nicht so dünn wie man bei Filmen dieses Alters erwarten würde. Klirren oder Rauschen sind auch kein Problem, letzteres tritt nur in einem ganz geringen Rahmen auf.

Die 5.1-Tracks wurden nicht von einer fertig gemischten Mono-Quelle erstellt, sondern von den getrennten Dialog, Musik und Effekt-Perfo-Bändern. Von Winnetou und sein Freund Old Firehand konnten keine Perfo-Bänder mehr gefunden werden, deshalb wurde von diesem Film auch keine Mehrkanal-Abmischung erstellt. Die 5.1-Tonspuren werden deutlich als Beigabe zu den restaurierten Mono-Spuren angeboten, sind aber größtenteils sehr gut gelungen.

Die Musik ist nicht als diskrete Stereo-Abmischung zu hören, sondern ein Mono-Upmix, der gelegentlich sehr künstlich klingt, sich aber oft sogar besser und luftiger als auf der Mono-Spur anhört. Die Geräusche wurden nicht neu erstellt, sondern wie die Musik stereoisiert – allerdings wurde dabei nicht zu sehr übertrieben, denn gelegentlich kommt schon mit der Musik zusammen etwas wie Raumklang auf, aber ständig wird man nicht aus allen Lautsprechern bombardiert. Die Stimmen beschränken sich auf den mittleren Kanal und klingen exakt genauso wie in der Mono-Tonspur.

Die englischen Tonspuren wurden nicht so aufwendig restauriert und scheinen von Lichtton-Quellen zu stammen, die natürlich nicht so gut wie die deutschen Fassungen klingen können. Ein deutlich schlechterer Frequenzumfang und ein höherer Rauschpegel sind aber auch schon die schlimmsten Probleme dieser Tonspuren, die letztendlich aber doch noch eine akzeptable Qualität bieten. Bei einigen Filmen war die englische Fassung nicht vollständig – die fehlenden Passagen wurde durch die deutsche Tonspur ergänzt, wodurch man allerdings den Qualitätsunterschied deutlich merkt.

Die drei Filme, bei denen keine englische Tonspur dabei ist, sind Winnetou III, Winnetou und sein Freund Old Firehand und Der Ölprinz. Deutsche Untertitel gibt es zu allen Filmen, englische aber leider nur zu denen, die auch mit einer englischen Tonspur ausgestattet sind.

Extras

Das Bonusmaterial ist überrasched reichhaltig ausgefallen und befindet sich jeweils auf der dritte DVD der Sets. Das bemerkenswerteste sind die drei “Interview-Dokumentationen” mit jeweils ca. 20 Minuten Länge – dabei handelt es sich nicht nur um eine staubtrockene Interview-Sammlung, sondern auch eine beeindruckende Vor-Ort-Dokumentation, denn einige der Schauspieler wurden an den Originalschauplätzen interviewt. Pierre Brice, Ralf Wolter, Marie Versini, Dunja Raijter, Matthias Wendtland, Everhard Dycke, Rik Battaglia, Götz George, Vladimir Tadej, Martin Böttcher und Eva Ebner melden sich in aktuellen Interviews zu Wort und plaudern dabei ausführlich aus dem Nähkästchen.

In den Extras der zweiten und dritten Box befinden sich jeweils auch noch zwei Archiv-Interviews mit Regisseur Harald Reinl und Produzent Horst Wendlandt. Weitere Extras sind einige Wochenschau-Ausschnitte über die Dreharbeiten der Filme – etwas, was ungefähr den heutigen Mini-Making-Ofs entspricht, nicht ganz so aufregende Filmfehler-Quizspiele und einige etwas spärlich bestückte Bildergalerien. Die letzten Extras bestehen aus den Trailern, von denen für jeden Film meist mehrere vorhanden sind, teilweise sind sogar englischsprachige Versionen dabei.

1 Comment

  1. […] und ein paar Informationen. Leider ist die Bildqualität nicht so gut gelungen wie bei den Winnetou-DVDs und bei einem der Filme sogar sehr schlecht, aber man merkt daß […]