DVD-News: Das Ende der DVD ?!?

Nein, die DVD ist natürlich noch lange nicht am Ende, aber manche Firmen schrecken vor nichts zurück, um ihre Produkte unter die Leute zu bringen: da lag doch vorige Tage eine DVD-Hülle mit der Aufschrift “Ihre letzte DVD…” im Briefkasten – der Absender war die Deutsche Telekom, die ihr DSL-Paket Entertain Comfort verhökern will. Der Rosa Riese glaubt nämlich, daß das Internet-Fernsehen bald die DVD überflüssig machen wird und will die Kunden ausgerechnet mit einer DVD überzeugen, den Vertrag zu wechseln… das könnte vielleicht auch klappen, wenn die digitale Werbebroschüre nicht so eine jämmerliche Figur machen würde.

Ihre letzte DVD… bevor sie auf die Zukunft umschalten! verspricht die Telekom, aber wenn das die Zukunft ist, bleibe ich doch lieber in der Vergangenheit. “Viel mehr als Fernsehen” heißt es in den jeweils anderthalb Minuten langen Trailern für T-Entertain, die aussehen, als ob sie ein Praktikant am Wochenende zusammengestückelt hätte. Was dann letztendlich geboten wird, ist eigentlich nur ein völlig überteuertes und unnützes Angebot, bei dem man auf Gedeih und Verderb auf das angewiesen ist, was man von der Telekom bekommt.

“Werden sie ihr eigener Programmchef und gestalten sie ihr individuelles Fernsehprogramm” – komisch eigentlich, das mache ich schon seit fast zwanzig Jahren, aber dafür brauche ich keine Timeshift-Funktionen, die bei den privaten Fernsehsendern dann wahrscheinlich doch wieder deaktiviert werden, damit man nicht um die Werbung herumkommt. Auch das TV-Archiv mit den “ausgewählten Sendungen” dürfte mehr oder weniger Makulatur sein, weil dort nur das zu sehen ist, was die Telekom von den Sendern bekommen kann – Spielfilme oder ähnliches werden dort ganz bestimmt nicht zu sehen sein.

Besonders dreist ist die Werbung für die Videoload-Funktion: eine 24-Stunden-Videothek mit entweder 5000 (laut Trailer) oder 7000 (laut beiliegendem Flyer) Filmen und Serien. Nicht dabei erwähnt wird, daß man dafür auch noch ordentlich bezahlen muß: 3-4 Euro kosten die Videos pro Stück in Standard-Auflösung, für HD muß man sogar 6-7 Euro bezahlen – und das ganze natürlich nur für jeweils 24 Stunden! Wenn man sich auf diese Weise eine ganze Fernsehserie mit z.B. 25 Episoden anschauen will, kann das schon ganz schön ins Geld gehen – eine DVD-Box wäre dann tatsächlich billiger. Außerdem muß man davon ausgehen, daß man nur deutschen Ton geboten kommt und auf Extras wie Dokumentationen, Deleted Scenes und Audiokommentare natürlich verzichten muß. Auch bekommt man keine Garantie, daß Filme und Serien in bestmöglichster Bildqualität im Originalformat gezeigt werden – es könnte durchaus sein, daß zu breites Filmformat einfach auf 16:9 beschnitten wird. Seltsamerweise wirbt man nämlich bei High-Definition mit dem Satz “Keine lästigen Balken!”, was man auch immer darunter verstehen mag.

Außerdem gibts natürlich Fußball, Fußball und nochmals Fußball, und damit wird dann auch hauptsächlich geworben: Liga Total, Bundesliga bis zum Abwinken, und das sogar in High-Definition. Schon Premiere hatte damals 90% der Kunden mit Fußball gewonnen, und bei T-Entertain wird das wohl nicht viel anders sein – aber wenn man zu der Minderheit gehört, die mit Fußball nichts am Hut haben, wundert man sich nur über diese billige Masche des Kundenfangs. Fußball gibts sogar in High-Definition, aber ob man wirklich in hoher Auflösung sehen muß, wie sich Stürmer X am Hintern kratzt oder Torwärter Y auf die Wiese rotzt, weiß ich wirklich nicht.

In Sachen High-Definition hält sich die Telekom übrigens mit Details zurück: es gibt zwar auf der DVD einen gefakten Vergleich zwischen SD und HD und es wird mit ein paar Auflösungen um sich geworfen, aber in welchem Format letztendlich gesendet wird, bleibt unklar. Aufgrund von Bandbreitenbeschränkungen wird es wahrscheinlich überall der kleinste gemeinsame Nenner 720p sein, weil die meisten deutschen HD-Sender inklusive den öffentlich-rechtlichen Kanälen sich ja auf dieses Format eingeschossen haben. Die Kompression dürfte zudem viel stärker als auf der Blu-Ray (und bei Standard-Definition sicher auch als auf der DVD) sein, da die Bandbreiten der DSL-Anschlüsse nicht unendlich sind und das größte Nadelöhr darstellen. Wenn mal eine ganze Wohnsiedlung auf einmal ein Fußballspiel in HD anschauen will, dürfte die DSL-Anbindung schnell platzen.

Als Beispiel für die Rückständigkeit der DVD hat die Telekom ausgerechnet den drittklassigen Thriller No Good Deed auf die Disc gepreßt – lizensiert von der deutschen DVD-Klitsche Splendid Entertainment, die in den letzten Jahren mehr mit Quantität als Qualität geglänzt haben. So kann der “packende Thriller” als Beigabe auch weder optisch noch inhaltlich begeistern, denn der Bildtransfer ist zwar einigermaßen scharf, aber dafür übermäßig körnig und stellenweise etwas verschmutzt. Obwohl sich die Telekom die Mühe gemacht hat ein Wendecover zu produzieren, stimmen die Angaben auf der Rückseite nicht: dort wird mit deutschem und englischem Ton geworben, aber es wäre ein Wunder gewesen, wenn das auch auf der DVD drauf wäre: natürlich ist nur deutscher Ton ohne Untertitel dabei. Damit taugt diese DVD allerhöchstens als Untersetzer und ist so ungefähr das allerschlechteste Beispiel für ein Medium, das zu viel mehr fähig ist.

Aber wieviel soll der Spaß eigentlich kosten? Das Basisangebot schlägt mit €44,95 pro Monat zu Buche, was eigentlich nur zehn Euro mehr als ein DSL-6000-Anschluß mit Call&Surf-Flatrate ist. Aber was dann noch alles dazukommt, ist happig: der Festplatten-Receiver kostet in der kleinsten 160GB-Version €4,95 pro Monat, die große Sendervielfalt mit 30 zusätzlichen Programmen nochmal €16,95 und für das Fußball-Angebot muß man nochmal €14,95 oder sogar €19,95 in HD berappen. Insgesamt landet man dann bei ungefähr achtzig Euro und die Pay-per-View-Angeboten kosten auch noch einiges.

Fazit: wer immer schon sein Entertainment aus der eigenen DVD-Sammlung bezogen hat, wird mit T-Entertain nichts gewinnen können und zahlt im Endeffekt nur drauf – für den Preis, den die ganzen Zusatzangebote gegenüber einem normalen DSL-Anschluss kosten, kann man sich locker zwei oder drei DVDs oder Blu-Rays im Monat leisten. Gerade deswegen wird das Internet-Fernsehen von T-Online bestimmt nicht so einfachdie DVD und Blu-Ray ablösen, erst recht nicht mit diesen kostspieligen und stark eingeschränkten Angeboten. Mit so einer 08/15-Werbekampagne kann die Telekom wirklich nur die hartnäckigsten Couch-Potatoes hinterm Ofen herlocken – Filmliebhaber dürften sich da ganz schön verschaukelt vorkommen.

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