DVD-Kurzkritik: African Queen

Als im Frühjahr nach der Veröffentlichung von Paramounts amerikanischer DVD und Blu-Ray der neuen Restauration von John Hustons African Queen bekannt wurde, daß das britische Studio ITV DVD im Sommer eine englische Ausgabe herausbringen wird, war die Erwartung groß, denn die Chancen auf den auf der US-DVD nicht vorhandenen Audiokommentar von Kameramann Jack Cardiff waren nicht schlecht. Jetzt ist die DVD erschienen und der Kommentar ist zusammen mit der Dokumentation der US-DVD dabei, aber ITV hat einen kapitalen Fehler gemacht und das 1.37:1-Bild in 16:9 codiert. Das macht die ansonsten gut gelungene DVD praktisch wertlos, da ein Drittel der Auflösung verschenkt wurde und dadurch dem wundervoll restaurierten Bildmaster überhaupt nicht gerecht werden kann.

Bild

Wie in der Einleitung erwähnt, wurde das 1.37:1-Bild dieser DVD in 16:9 statt in 4:3 codiert. Dadurch wird von der PAL-Auflösung von 720×576 Pixeln nur noch ein Bereich von 555×756 verwenden, der bei der Wiedergabe anamorph gestreckt wird – das entspricht einem horizontalen Auflösungsverlust von einem Drittel und hat dazu geführt, daß das HighDefinition-Master der Restauration auf dieser DVD enttäuschend unscharf ist.

Warum die DVD so codiert wurde, ist unklar – aber ein simpler technischer Fehler ist es nicht, denn sogar auf dem rückseitigen Cover ist als Aspect Ratio 16:9 angegeben. Platzmangel kann es auch nicht gewesen sein, denn obwohl sich Dokumentation und Hauptfilm auf nur einer DVD befinden, wurde der 100 Minuten lange Film mit einer Bitrate von durchschnittlich 6.22 Mbit/s abzüglich zwei Tonspuren mit 192 kbit/s codiert, was auch für eine komplette Nutzung der DVD-Auflösung mehr aus ausgereicht hätte.

Der Bildvergleich zwischen der alten deutschen Eurovideo-DVD und der englischen Disc von ITV zeigt deutlich, wie gut die Restauration hätte aussehen können, wenn die Auflösung nur besser gewesen wäre. Das Bildformat ist bei ca. 1.37:1 und nicht 1.33:1, wobei der Bildausschnitt im Vergleich zum alten Bildmaster unten etwas weniger und rechts etwas mehr vom Bild zeigt.

Trotz des Encoding-Problems ist auch auf dieser DVD deutlich sichtbar, wie gut gelungen die Restauration ist. Der 3-Streifen-Technicolor-Film war lange Zeit nur in Europa als DVD erhältlich, weil die amerikanischen Rechteinhaber kein adequates Material für eine vernünftige Veröffentlichung zur Verfügung hatten. Schließlich war es Paramount aber gelungen, die Original-Kameranegative in England in 4K-Auflösung scannen zu lassen und die digitalen Datenfiles in den USA weiterzuverarbeiten, ohne einen Transport des wertvollen Filmmaterials zu riskieren. Die Restauration wurde von Warners Restaurations-Abteilung MPI unter der Leitung von Ron Smith durchgeführt, die ihr Ultra-Resolution-Technik einsetzten, um die drei separaten Technicolor-Filmstreifen miteinander zu kombinieren.

Das Resultat ist beeindruckend und ist kaum noch mit den früheren Abtastungen zu vergleichen. Der allergrößte Unterschied sind die enorm besseren Farben: nicht nur sind die starken Farbschwankungen verschwunden, das Farbtiming ist nun völlig anders und bringt statt übermäßig kühlem Blau-Grün viel passendere rötlich-braunere Töne ein. Das Bild wirkt etwas dunkler als zuvor, aber dadurch wurden auch das starke Überstrahlen von hellen Bildteilen der alten Transfer vermieden und ein nicht so blendend-agressives Aussehen erzeugt, das mehr den typischen Technicolor-Farben der fünfziger Jahre entspricht. Auch die zuvor manchmal sichtbaren Deckungsprobleme der drei Technicolor-Filmstreifen konnten nun erfolgreich repariert werden.

Die Schärfe ist auf dieser DVD durch das 16:9-Encoding zwar begrenzt, aber es ist dennoch ansatzweise erkennbar wie detailreich das HD-Master eigentlich ist. Dabei handelt es sich nicht um eine künstlich mit Filtern erzeugte Schärfe, sondern um eine ganz natürlich Detailtreue. Mit der vollen Auflösung codiert würde das Bildmaster locker an die Grenzen der DVD-Auflösung stoßen und zeigen, was aus diesem fast sechzig Jahre alten Filmmaterial noch alles herauszuholen ist.

Außer der Farbrestauration wurde natürlich auch die Filmvorlage gründlich digital gesäubert, so daß nun keinerlei Kratzer, Fussel oder andere Störungen mehr zu sehen sind. Auch der Bildstand wurde bis zur Perfektion optimiert – es ist nun kein Schwanken, Flattern oder Wabern mehr sichtbar. Erfreulicherweise wurde aber die Filmkörnigkeit kaum herausgefiltert und ist sogar auf dieser ungünstig codierten DVD noch stellenweise als feine, natürlich aussehende Körnung sichtbar, die in keiner Weise störend wirkt und dem Film eine ordentliche analoge Textur gibt. Dadurch macht das Bild erst gar keinen klinisch-reinen, digitalen Eindruck, sondern sieht wie eine richtige Filmprojektion aus.

Hätte ITV nicht das Encoding so katastrophal falsch gemacht, wäre die britische DVD von African Queen sicher eine der bestaussehensten Veröffentlichungen eines Filmklassikers gewesen. Aber die völlig unnötige 16:9-Codierung hat nur Nachteile und ist eine unglaublich enttäuschende Repräsentation der wundervollen Restauration.

Ton

Auch der Ton von African Queen wurde im Rahmen der Restaurationsarbeiten einer gründlichen Überarbeitung unterzogen. Im Gegensatz zum Bild wird der Ton auf der britischen DVD aber ohne Probleme wiedergegeben – lediglich eine Tonhöhenkorrektur wurde hier nicht durchgeführt.

Die englische Tonspur wurde in 2.0 Mono mit ausreichenden 192 kbit/s in Dolby Digital codiert. Ein Mehrkanal-Upmix wurde erst gar nicht in Betracht gezogen, stattdessen wurde die ursprüngliche Mono-Abmischung von den besten vorhandenen Lichtton-Quellen vorsichtig restauriert. Dabei wurde sehr vorsichtig vorgegangen und die Tonqualität nicht durch eine massive Filterung, sondern eine behutsame Restauration verbessert.

Der Klang ist für einen Film vom Anfang der fünfziger Jahre beeindruckend – zwar sind Frequenzumfang und Dynamik altersbedingt eingeschränkt, aber dabei machen sich keinerlei Verzerrungen, Knistern, Rauschen oder andere Störungen bemerkbar. Lediglich ein leichtes Grundrauschen ist noch übriggeblieben, das aber kaum von anderen Umgebungsgeräuschen zu unterscheiden ist und den Ton nicht zu digital klingen läßt. Stimmen und Geräusche hören sich überraschend solide und gar nicht so dünn an, wie man es von Filmen dieses Alters gewohnt ist. Überzeugen kann auch die Musikwiedergabe, die zwar auch altersbedingte Schwächen hat, aber trotzdem einen sehr warmem und unverzerrten Klang zu bieten hat.

Wie schlecht African Queen ursprünglich einmal geklungen hat, kann man auf der Kommentarspur der britischen DVD hören, auf der im Hintergrund der unrestaurierte Ton der früheren Disc zu hören ist. Andere Sprachfassungen als das englische Original werden hier nicht geboten, aber der Hauptfilm und die Dokumentation wurden englisch untertitelt.

Extras

ITV hat bei der britischen DVD-Veröffentlichung von African Queen den großen Vorteil gehabt, mit Jack Cardiffs Audiokommentar im Besitz eines besonderen Extras zu sein. Allerdings ist es ITV auch gelungen, die Rechte der einstündigen Dokumentation der Paramount-Ausgabe zu bekommen, so daß nur die englische DVD des Films das Nonplusultra in Sachen Bonusmaterial ist.

Embracing Chaos: Making the African Queen (56:52) ist die ursprünglich für die amerikanische DVD und Blu-Ray produzierte Dokumentation, die von Nicholas Meyer, Eric Young und Sparkhill Productions zusammengestellt wurde. Auf ein theatralisches Voiceover wurde verzichtet und stattdessen eine Goldgrube von Interviews verwendet, um die Geschichte des Films auf lebendinge und sehr detailreiche Weise zu erzählen. Zu Wort kommen nicht nur Biographen der Filmemacher und Schauspieler, sondern auch andere Filmhistoriker und sogar Zeitzeugen – darunter auch die Schauspieler, Filmemacher und Crewmitglieder, die in Archiv-Interviews zu Wort kommen. Eine sehr gut gemachte Dokumentation, die nicht auf unnötigen Sensationalismus setzt und die Entstehungsgeschichte von African Queen interessant und unterhaltsam schildert.

Der Audiokommentar von Jack Cardiff wurde bereits vor etwa zehn Jahren für die alte britische DVD-Veröffentlichung aufgenommen und ist ein unschätzbar wertvolles Zeitdokument, da der legendäre Kameramann im April 2009 im Alter von 94 Jahren verstorben war. In seiner Kommentarspur erzählt er nicht nur über die technische, sondern auch die menschliche Seite der Dreharbeiten von African Queen und hat eine ganze Menge Details und Anekdoten zu bieten, die nicht immer wirklich szenenspezifisch, aber dafür umso interessanter sind. Mit seiner trockenen britischen Art ist Jack Cardiff ein hervorragender Erzähler, der zwar gelegentlich einige kleine Pausen einlegt und gegen Ende des Films längere Zeit still bleibt, aber trotzdem enorm unterhaltsam ist.

Die Star Profiles für Humphrey Bogart, Katharine Hepburn, John Huston und Jack Cardiff bestehen aus kurzen Text-Biographien.

In den Picture Galleries sind 12 Poster & Lobby Cards und 48 Behind the Scenes-Fotos zu sehen, wobei letztere aber in so einem klitzekleinen Briefmarkenformat dargeboten wurden, daß man kaum etwas erkennen kann.

Der Trailer (2:35) hat keine so gute Qualität wie der Hauptfilm, ist aber genauso unsinnig in 16:9 codiert worden.

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